Sebastian Hammerschmidt
Sebastian Hammerschmidt
Vita
Sebastian Hammerschmidt ist Kunsthistoriker und Autor. Nach Studien der Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität zu Köln untersucht er in seinem Dissertationsprojekt »Sammeln als Form der Kunstgeschichtsschreibung bei Gottlieb Friedrich Reber (1880–1959)«. Für dieses Projekt hat er das DFK Paris | INHA Forschungsstipendium erhalten. Zuvor führte er am Kölner ZADIK (Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung) ein Digitalisierungs- und Erschließungsprojekt zum Archiv Reber durch. Seine Forschungsinteressen umfassen Praktiken und Diskurse des Sammelns, Strategien der Kunstgeschichtsschreibung, insbesondere Fragen transkultureller Kunstgeschichte, sowie »Moderne« als künstlerisches und politisches Projekt. Neben seiner Forschung arbeitet er regelmäßig mit zeitgenössischen Künstler:innen zusammen und hat Texte für zahlreiche Ausstellungen und Kataloge verfasst, insbesondere im Bereich der Malerei und Skulptur. Er ist Gründungsmitglied der Initiative edk (ende der kunstgeschichte), die sich seit 2019 in verschiedenen Diskursformaten mit methodischen wie strukturellen Fragen der Disziplin auseinandersetzt. 2021 war er Ko-Organisator der Online-Konferenz »trans_positionen«, die das Konzept einer »globalen Kunstgeschichte« kritisch untersuchte. 2023 war er Ko-Organisator der Konferenz »Die (Ent-)Politisierung der Kunstwissenschaft. Marxistische Traditionslinien seit 1968« an der Technischen Universität Berlin (eine darauf aufbauende Publikation erscheint 2025).
Forschungsschwerpunkt
Sammeln als Form der Kunstgeschichtsschreibung bei Gottlieb Friedrich Reber (1880–1959)
Die Sammlung Gottlieb Friedrich Reber kann als eine der bedeutendsten europäischen Privatsammlungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelten. Binnen kürzester Zeit trug Reber in Deutschland und der Schweiz eine Sammlung zusammen, die einen herausragenden Bestand der französischen Moderne ebenso umfasste wie Werke Alter Meister, nicht zuletzt eine breite Auswahl ethnographischer und archäologischer Artefakte. Umso erstaunlicher, dass die Sammlung von der kunsthistorischen Forschung bis auf wenige Ausnahmen weitgehend vernachlässigt wurde. Durch neue Archivfunde ist nun erstmals eine umfassende Erforschung der Sammlung möglich. Ziel des Dissertationsprojekts ist allerdings nicht allein eine Rekonstruktion und Kontextualisierung der Sammlung, die diese in ihrer gesamten Breite untersucht. Ebenso sind mit dem Projekt weitergehende methodische Fragen verbunden. Diese betreffen den kunstgeschichtlichen Begründungsanspruch der Sammlung. Denn Sammeln erscheint hier nicht als Ausdruck individueller Entscheidungen einer Sammlerpersönlichkeit, Sammeln wird hier zur Form der Kunstgeschichtsschreibung. Aufgeworfen ist mit dem Projekt so die Frage nach den epistemischen Möglichkeiten und Ansprüchen des Mediums »Sammlung« im Wechselverhältnis zu einer textzentrierten Kunsthistoriographie, einem Verständnis von Sammeln als diskursiver Praxis, der kunsthistorische Narrative, Kanones und Kategorisierungen vorausgehen, durch sie aber gleichermaßen reformuliert werden. Was damit zur Disposition steht, ist ein anderes Modell der Kunstgeschichtsschreibung, ein Modell, das nicht einem Primat der Schrift folgt und die Sammlungsgegenstände einem Text hierarchisch unterordnet, sondern das sich am Medium der Sammlung und den mit ihm verbundenen Praktiken orientiert.