Begegnungslandschaft: Das Beispiel Pont-sur-Seine (Département Aube)
Begegnungslandschaft: Das Beispiel Pont-sur-Seine (Département Aube)
Im Rahmen einer Vereinbarung zur Inventarisierung des kommunalen Erbes der Gemeinde Pont-sur-Seine hat sich das Deutsche Forum für Kunstgeschichte Paris mit der Region Grand-Est / Abteilung Inventarisierung und Kulturerbe und der Gemeinde Pont-sur-Seine zusammengetan, um von 2021 bis 2023 die denkmalpflegerischen Besonderheiten des Ortes zu erfassen und auszuwerten.
Die Kooperation nimmt die Überzeugung auf, dass es zu einem Verständnis des historischen Erbes zunächst einer allgemeinen Bestandsaufnahme im regionalen Kontext, insbesondere städtebauliche und topographische Studien gehören. Die Gemeinde Pont-sur-Seine verfügt über einen Denkmälerbestand von bemerkenswertem Interesse. Dessen Schutz, seine Erhaltung und die Entwicklung für so unterschiedliche Zwecke wie Raumplanung, Tourismus aber auch Wissenschaft setzen eine gründliche Kenntnis des Inventars voraus und erfordern eine begründete Bestandsaufnahme in wissenschaftlichem Forschungskontext. Ziel der Kooperation ist daher, mit Hilfe des Vereins "Connaissance et sauvegarde du patrimoine pontois" und der nationalen Denkmalpflege diese Kenntnisse zu befördern.
Die Kleinstadt, die sich innerhalb einer klimatisch und topographisch charakteristischen paysage rural in der Peripherie der Ile de France entwickelt hat, befindet sich in einer Region, die seit der Jungsteinzeit - der Zeitraum, zu welchem unsere Studie ansetzt – und forciert seit dem merowingischen Hochmittelalter vom Menschen tiefgreifend strukturiert wurde. Wir fragen danach, unter welchen Bedingungen und mit welchen Mitteln sich die historische Identität einer Stadt auf lange Sicht strukturiert. Besonderes Augenmerk ist dabei auf Analyse der Phänomene einer territorialen Entwicklung und des Austauschs. Als Ort am Ufer der Seine zwischen Paris und Troyes gelegen, dient das Projekt als exemplarische Fallstudie, die uns zur Entwicklung eines Konzepts einer "Begegnungslandschaft" führt. Hier lassen sich Prozesse ablesen, welche etwa den lokalen Befund als von näheren und ferneren Einbettung in topographische, ökologische, soziale, politische und kulturelle Zusammenhänge beeinflusst begreift. Die Arbeit des DFK Paris wird darin bestehen, diese Implikationen anhand der vom Patrimoine erarbeiteten Bestandsaufnahme zu untersuchen.
Ausgehend von der sozio-politischen und topographisch strategischen Rolle der Gemeinde Pont bereits in merowingischer und karolingischer Zeit wird die sukzessiven Adaption der Stadt im Verhältnis zu den Zentren des Königreichs und in erster Linie zur Hauptstadt, mit der sie über den Lauf der Seine verbunden ist, untersucht werden. Dabei sind insbesondere auch die Interessen der Adelshäuser und lokalen Großgrundbesitzer an der Entwicklung ihrer Infrastrukturen (u.a. unter Prinz François-Xavier de Saxe, dann ab der Herrschaft von Louis-Philippe unter der Familie Perrier, den Besitzern des Schlosses) zu betrachten. Dies steht über die Seine-Lage hinaus in engem Zusammenhang mit der Organisation wirtschaftlicher Aktivitäten und des sozialen Gefüges der Gemeinde, im Zentrum die ursprüngliche romanischen Kirche Saint-Martin, deren sukzessive Veränderungen ein Studienobjekt von kunsthistorisch außergewöhnlichem und bedeutsamem Umfang ist (nicht zuletzt aufgrund der Beteiligung von Pariser Meistern wie dem Maler Philippe de Champaigne oder dem Ebenisten François Moriceau). Ferner ist für das Verständnis der Entwicklung der Stadt das Schloß essentielle Voraussetzung. Von preußischen Truppen 1814 zerstört wurde das Chateau im 17. Jahrhundert vom Surintendant des Fincances Claude Bouthiller de Chavigny, Seigneur de Pont und dem Architekten Pierre le Muet errichtet, 1775 vom Prinzen Francois-Xavier de Saxe, Generalleutnant der Armee unter Ludwig XV., bewohnt, diente es zuletzt als Rückzugsort für Letizia Bonaparte und wird mit der Ankunft der Eisenbahn endgültig aufgegeben.
Kooperationspartner:
DFK Paris
La Commune de Pont-sur-Seine, Conseil Municipal
Association Connaissance et sauvegarde du patrimoine pontois
Guillaume Nicoud, Universitá della Svizzera italiana, Accademia di architettura
La Region Grand Est - Alsace, Champagne-Ardenne, Lorraine