DFKV_Projektgeschichte

Projektgeschichte

Bereits mit dem ersten Jahresthema des Deutschen Forums für Kunstgeschichte Paris »Kunstkritik in Frankreich 1900–1945« wurde 1997/1998 die Beschäftigung mit der Kunstkritik und -vermittlung aufgenommen und 1999 schließlich ein erfolgreicher Antrag zur zweijährigen Förderung einer Untersuchung der deutsch-französischen Kunstvermittlung bei der Volkswagen-Stiftung eingereicht. Eine anschließende Förderung durch das Getty Grant Program von 2001 bis 2003 sichert die inhaltliche Vervollständigung dieses ersten Unternehmens zur Untersuchung des Zeitraums von 1870 bis zum Ende der deutschen Okkupation Frankreichs 1944. Parallel wurde durch die Fritz Thyssen Stiftung die Bearbeitung der Nachkriegszeit bis zur documenta II in einem zweiten von 2001 bis 2006 finanzierten Forschungsprojekt ermöglicht. Beide Projekte wurden jeweils von zwei Teams in Paris und am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin durchgeführt.

 

Forschungsfrage deutsch-französischer Kulturtransfer

Die Forschungsprojekte zur deutsch-französischen Kunstvermittlung sind heute als zusammenhängendes paradigmatisches Programm des 1997 neu gegründeten DFK Paris zu lesen (Gaehtgens 2005, XII). Leitend war die Frage nach der wechselseitigen Rezeption und Vermittlung der Kunst im Kontext der politischen, sozialen und kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich. Die Forschungen wurden explizit als Beitrag der Kunstgeschichte zu der von Michel Espagne und Michel Werner (1988) begründeten Untersuchung des deutsch-französischen Kulturtransfers angelegt. Das Neue der Kulturtransferforschung war es, bei der vergleichenden Betrachtung die Konzentration auf jene Phänomene zu richten, mit denen der fortlaufende Austausch und die gegenseitigen Überschreibungen oder auch Mischformen zwischen in sich heterogenen Kulturräumen manifest werden. Untersucht wurden dabei die Träger und Objekte, über die die Phänomene vermittelt wurden (Espagne 1999, 17–33; 2008; Werner 1997).

Die Zeitschnitte der beiden Projekte am DFK Paris waren mit 1870 bis 1940 bzw. 1944 und 1945 durch die politische Geschichte bestimmt (Beginn deutsch-französischer Krieg, deutsche Okkupation und Ende des Zweiten Weltkriegs; Gaehtgens 2009, 8 f.). Nur der Abschluss 1960 war mit einem Ereignis der Kunstwelt, der documenta II 1959 begründet (Spieß 2005, XV). Ein drittes Projekt richtet sich auf den Zeitraum von der französischen Revolution bis 1870, konnte aber nicht zur Gänze umgesetzt werden.

 

Technische, logistische und methodische Herausforderungen

Von Beginn an stellte allerdings der unterschiedliche Forschungsstand zur Rezeption der französischen und der deutschen Kunst eine methodische Herausforderung für das Forschungsprojekt der deutsch-französischen Kunstvermittlung von 1870 bis 1940/44 dar. Zu Beginn war kaum abzuschätzen, wie umfangreich die Quellenlage zur französischen Wahrnehmung des deutschen Kunstgeschehens sein würde (Gaehtgens 2007). Darüber hinaus erzeugten die Asymmetrien des untersuchten Kunstgeschehens und den Interessen der Kunstkritik in Deutschland und Frankreich unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte in den Quellen, die zu unterschiedlichen Betrachtungsweisen in den Forschungsgruppen in Paris führten, und der ursprünglichen Idee einer gemeinsamen Datenbank zuwiderliefen. Entstanden sind so vier Instanzen einer gemeinsamen Datenbank, die nach einer übereinstimmenden Methodik befüllt wurden, aber dennoch inhaltlich distinkt blieben.

 

 

 

Datenerfassung und -qualität

Die Datenerfassung und -eingabe wurde von den zwei Teams in Berlin und Paris vorgenommen. In beiden Forschergruppen arbeiteten Promovierende, Graduierte und Praktikant/-innen zusammen, die jeweils über ein verschiedenes Vorwissen, Gewohnheiten und unterschiedliche Sprachkompetenzen im Deutschen und Französischen verfügten. Bedingt durch die Finanzierung der Mitarbeiter/-innen mit Fördermitteln und Stipendien, gab es eine personelle Fluktuation, und wiederholt Probleme beim Wissenstransfer an den Standorten selbst und zwischen ihnen. Eingaberichtlinien sollten ab etwa 2001 zu einer formalen Kohärenz der Einträge in den Datenbanken »1870–1940, Paris«, und »1870–1940/44, Berlin«, führen. Doch blieben sie insgesamt hinsichtlich der Ausführlichkeit der Kommentierung, der Verschlagwortung und der notierten Zitate so unterschiedlich, dass 2002 bis 2003 mit Förderung des Getty Grant Program eine erhebliche Überarbeitung der Einträge vorangetrieben wurde. Erreicht wurde damit für beide Datenbanken eine bessere inhaltliche und quantitative Abdeckung des gesamten Untersuchungszeitraums.

Für die Erfassung der Daten wurde eine bereits in den deutschen Geisteswissenschaften etablierte deutsche Software (LIDOS zusammen mit FAUST iServer) zur Erstellung kommentierter Fachbibliografien verwendet (Gradmann 1989). Nach einer Konfiguration der Eingabefelder konnte sie ohne weiteres technisches Fachwissen bedient werden und bot insbesondere ausgereifte Möglichkeiten zum Anlegen von Thesauri, zur Durchführung komplexer Suchen über mehrere Felder und zum Ausdruck in verschiedene Formate, darunter auch als Word-Dokumente. Obwohl die Software netzwerkfähig war, ist die Anzahl der Arbeitsplätze durch den Erwerb kostenpflichtiger Lizenzen eingeschränkt gewesen. Die Software wurde daher auch nicht auf den Laptops installiert, mit denen die Datenaufnahme in den Bibliotheken durchgeführt wurde. So mussten die Quellen oftmals zunächst in Textbearbeitungsprogrammen erfasst und anschließend an den Standorten an der FU Berlin und am DFK Paris in die Datenfelder kopiert werden.

Neben der Datenerfassung begann bereits die Herausgabe der Quellenbände (s.Publikationen), für die ausgewählte Quellen vollständig transkribiert und umfassend kommentiert wurden. Diese Arbeiten sind vollständig getrennt verlaufen und Korrekturen etwa der bibliografischen Angaben sind nicht in die Datenbanken zurückgeflossen. Ein Abgleich zwischen Datenbanken und Quellenbänden zeigt, dass sich aber aus Umfang und Qualität der Einträge keine Rückschlüsse auf die thematische Relevanz der erfassten Artikel ableiten lassen, denn in den Bänden edierten Quellen sind fallweise in der Datenbank nur mager kommentiert.

Online-Angebot für die Kunstgeschichte

Nachdem die Datenbanken bereits an den Standorten in Paris und Berlin an Rechner der Institute für Gäste einsehbar waren, wurden drei der Datenbanken seit 2004 online angezeigt und waren dabei über die Webseite des DFK Paris aufrufbar. Die Nutzer/-innen konnten sich die Datensätze der Datenbank gemeinsam ansehen, Suchen ausführen und die Suchergebnisse ausdrucken oder sich auch nur mit einer der Datenbanken befassen (Castor 2006). Diese Ressource wurde von der kunstgeschichtlichen Forschung angenommen, ihr Wert als Arbeitsinstrument jedoch kritisch gesehen (Joyeux-Prunel 2005). Allerdings kann die Wirksamkeit nicht sicher beschrieben werden, denn als Mittel zum Finden von Quellen bleiben bibliografische Datenbanken außerhalb dessen, was als Beleg in den Fußnoten nachgewiesen wird.

Literatur

  • Markus A. Castor, »Informationstechnologien am Deutschen Forum für Kunstgeschichte«, in: Jahresbericht DFK Paris 2005/2006, 2006, S. 67–69.
  • Michel Espagne, Les transferts culturels franco-allemands, Paris 1999 (Perspectives Germaniques), S. 17–33.
  • Michel Espagne, »Die Erinnerung an das Fremde und die über die Kunst: Frankreich, Deutschland, Russland«, in: Eva Dewes und Sandra Duhem (Hg.), Kulturelles Gedächtnis und interkulturelle Rezeption im europäischen Kontext, Berlin 2008, S. 553–566.
  • Michel Espagne und Michael Werner, Tranferts. Les relations interculturelles dans l’espace franco-allemand (XVIIIe et XIXe siècle), Paris 1988.
  • Thomas W. Gaehtgens, »Vorwort«, in: Friederike Kitschen und Julia Drost (Hg.), Deutsche Kunst – Französische Perspektiven. Quellen und Kommentare zur Kunstkritik 1870–1945, Berlin 2007 (Passagen/Passages, Bd. 9), S. IX–XII.
  • Thomas W. Gaehtgens,» Introduction: De la réception de l’art moderne français en Allemagne entre 1870 et 1945«, in: Thomas W. Gaehtgens, Mathilde Arnoux und Friederike Kitschen (Hg.), Perspectives croisées. La critique d’art franco-allemande 1870–1945, Paris 2009 (Passagen/Passages, Bd. 22), S. 3–26.
  • Beatrice Joyeux, Rezension von: Alexandre Kostka: Distanz und Aneignung. Relations artistiques entre la France et l'Allemagne 1870–1945 / Kunstbeziehungen zwischen Deutschland und Frankreich 1870–1945, Berlin 2004, in: Kunstform 6, 2005, URL: https://www.arthistoricum.net/kunstform/rezension/ausgabe/2005/2/730.
  • Stefan Gradmann, Katalogisieren mit dem PC: Microrechnergestützte Datenbanksysteme für die Verarbeitung bibliothekarischer Daten, Wolfenbüttel 1989 (Tandem-Informationen, Bd. 1), S. 36–97.
  • Werner Spieß, »Vorwort«, in: Martin Schieder (Hg.), Im Blick des Anderen. Die deutsch-französischen Kunstbeziehungen 1945–1959, Berlin 2005 (Passagen/Passages, Bd. 12), S. XI–XVI.
  • Michael Werner, »Dissymmetrien und symmetrische Modellbildung in der Forschung zum Kulturtransfer«, in: Hans-Jürgen Lüsenbrink und Rolf Reichardt (Hg.), Kulturtransfer und Epochenumbruch Frankreich-Deutschland 1770 bis 1815, Leipzig 1997 (Deutsch-Französische Kulturbibliothek, Bd. 9.1), S. 87–102.